Brave New Bodies 8: Drohnenkriege oder: Automatisierung des Tötens

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Carolin Emcke im Gespräch mit Karin Jurschick (Filmregisseurin, Hochschule für Film und Fernsehen München) und Götz Neuneck (Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Universität Hamburg)

Der Einsatz von »Unmanned Aerial Vehicles« (UAV), oder »Killer- Drohnen«, die die Tötung von Menschen aus größtmöglicher Distanz erlaubt, ist längst gespenstische Normalität geworden: in Afghanistan, Pakistan, Somalia und dem Jemen werden undurchsichtige Kriege geführt, die herkömmliche juristische, ethische, psychologische Kriterien und Normen untergraben. Was bedeutet der Einsatz von militärischen Robotern, was bedeutet die »Gamifizierung des Tötens« für die Hemmschwellen der Entscheider? Welche rechtlichen, welche demokratischen Prinzipien sind berührt? Wie wird Verantwortung, wie wird Schuld delegiert oder negiert durch diese Technologien?

KARIN JURSCHICK (*1959, Essen) ist Filmregisseurin und seit 2017 Professorin für Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Film und Fernsehen in München. Sie studierte Germanistik, Geschichte sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Universität zu Köln. Dort gründete sie 1984 das internationale FrauenFilmFestival Feminale, dessen Mitorganisatorin und Programmmacherin sie für 14 Jahre blieb. Ab 1990 war sie als Kulturredakteurin der Stadtrevue Köln tätig, ab 1995 als freie Hörfunk- und Fernsehautorin. Seit 2000 realisiert sie als Regisseurin und Produzentin eigene Dokumentarfilme, zuletzt u. a. »Krieg und Spiele« (2006), worin sie sich neuen unbemannten Kriegstechnologien widmet und u. a. der Frage nachgeht, was mit dem Begriff der Schuld passiert, wenn Maschinen autonom töten. Für ihre Werke erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, so u. a. 2001 den FIPRESCI Award Berlinale-Forum, 2003 den Arte-Dokumentarfilmpreis, 2004 den Adolf Grimme Preis, für den sie in den darauffolgenden Jahren erneut zweimal nominiert wurde.
Darüber hinaus ist sie Mitherausgeberin des Bandes »Blaue Wunder. Neue Filme und Videos von Frauen 1984-1994« (Argument-Verlag, 1999), veröffentlicht Artikel in Filmzeitschriften und lehrt neben der HFF an mehreren Hochschulen, so u. a. an der Kunsthochschule für Medien Köln und der UDK Berlin.

GÖTZ NEUNECK (*1954, Goslar) ist Professor an der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der Universität Hamburg und Senior Research Fellow am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH), dessen stellvertretender wissenschaftlicher Direktor er von 2008 bis 2019 war. Er leitet die Forschungsgruppe für Rüstungskontrolle und Neue Technologien. Seine Schwerpunkte liegen auf den Themen Nukleare Rüstungskontrolle, Verifikation und neue Technologien, insbesondere Nuklearwaffen, Raketenabwehr und Weltraumrüstung, autonome Waffensysteme sowie neue Technologien. Er ist Mitglied des Council der Pugwash Conferences on Science and World Affairs, Pugwash-Beauftragter der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), Sprecher der Arbeitsgruppe Physik und Abrüstung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), Amaldi-Beauftragter der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften sowie gewähltes ausländisches Mitglied der Russischen und Armenischen Akademie der Wissenschaften.

 

Streitraum 2019/20: »Brave New Bodies, Brave New Humanity?«

Wie verändern sich das Denken und auch das Erleben des Körpers und verschiedener Körperlichkeiten im 21. Jahrhundert – und welche Folgen hat das für unsere Vorstellung des Selbst? Wie wir unsere Körper wahrnehmen, wie der Umgang mit dem eigenen Körper erlernt und weitervererbt wird, ist immer schon ein Konfliktfeld kultureller, religiöser, sozialer Praktiken und Überzeugungen gewesen. Wie Körper verhüllt, entblößt, ausgestellt, gepflegt, behandelt werden, mit welchen Bildern Körper in Kategorien von männlich oder weiblich, schön oder hässlich, gesund oder krank, sichtbar oder unsichtbar gemacht werden, ist immer schon normativ und kommerziell ausgeprägt.

Der Streitraum 2019/20 will sich die Frage stellen, wie die medizinisch-technischen Entwicklungen der Prothetik, wie Künstliche Intelligenz und Robotik, aber auch die grundsätzliche Durchdringung und Nutzung digitaler Technologien in allen unseren Lebensbereichen unsere Körper(-Bilder) und unser Selbstverständnis verändern. Was bedeutet Humanismus, was bedeutet ein soziales Wir unter diesen Bedingungen? Welche ökonomischen, kommerziellen Interessen steuern und programmieren die Algorithmen, die über unsere Fitness, unsere Ernährung, unsere Gesundheit mehr und mehr entscheiden? Wie verändert sich unser Selbstbild, aber auch unser Begriff von Begehren, von Sexualität und vom Sterben durch neue Technologien?