Carolin Emcke im Gespräch mit Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung), Miriam Rürup (Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrum) und Mariam Zaree (Schauspielerin, Filmemacherin und Autorin)
Die demokratische Gesellschaft soll säkular, offen und pluralistisch sein. Aber ist auch die Art, wie Geschichte erzählt wird, offen und pluralistisch? Welche Erfahrungen und Erinnerung verfestigen sich so, dass sie aufgehoben, weitererzählt, archiviert werden? Welche werden verdrängt? Welche historischen Kontinuitäten, welche Brüche waren unerwünscht und verdeckt? Welche Rolle spielen dabei Schulen, Museen, Theater, Filme? Wie lässt sich der demokratische Diskurs pluralisieren, welche Geschichte/n müssen erzählt werden und wie lassen sich Konflikte um Deutungen und Erfahrungen konstruktiv gestalten?
THOMAS KRÜGER (*1959, Buttstädt) begann seine politische Karriere 1989 als eines der Gründungsmitglieder der Sozial demokraten in der DDR (SDP). Als Mitglied des Deutschen Bundestages war er in den Jahren 1994 bis 1998 aktiv. Seit Juli 2000 ist er Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung/ bpb. Er ist seit 1995 Präsident des Deutschen Kinderhilfswer kes, seit 2014 Mitglied des Kuratoriums der Kulturstiftung des Deutschen FußballBundes (DFB). Seit März 2018 ist er zudem Mitglied im Rat für kulturelle Bildung sowie Mitglied im Kurato rium »Kulturhauptstadt Dresden 2025«.
MIRIAM RÜRUP (*1973, Karlsruhe) ist eine deutsche Historikerin, Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch jüdische Studien in Potsdam und Professorin an der Universität Potsdam. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf der deutsch jüdischen Geschichte, der Zeitgeschichte (insbesondere der Geschichte und Nachgeschichte des Nationalsozialismus) sowie der Migrations und Geschlechtergeschichte. Seit Januar 2020 ist sie Vorsitzende der Wissenschaftlichen Arbeitsge meinschaft des LeoBaeckInstituts in Deutschland.
MARYAM ZAREE (*1983, Teheran) kam im EvinGefängnis in der iranischen Hauptstadt zur Welt. 1985 flüchtete ihre Mutter, die Frankfurter Lokalpolitikerin Nargess EskandariGrünberg, mit ihr wegen politischer Verfolgung nach Deutschland. Ihr Schauspielstudium absolvierte sie an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« in Potsdam. Sie war u.a. in der Serie »4 Blocks«, in den Filmen »Transit« und »Undine« (Regie: Christian Petzold, 2018) sowie als Gast an diversen Theatern zu sehen. Ihr Regiedebüt »Born in Evin« gewann den Deutschen Filmpreis 2020.
Pluralisierung der Gegenwart – Pluralisierung der Erinnerung?
In den letzten Jahren haben nicht nur die Auseinandersetzung mit dem NSU und die Black Lives Matter Bewegung schmerzhaft deutlich gemacht, wie ungehindert und unreflektiert noch Rassismus, Antisemitismus und neonationalistische Bewegungen ihre Menschenverachtung und ihre Gewalt ausleben können. Die kritische Reflexion auf die rechten Netzwerke der Gegenwart muss immer auch die Frage zulassen, welche historischen Kontinuitäten sich in ihnen zeigen und welche nicht. Eine säkulare, offene, pluralisierte Demokratie darf sich nicht nur als säkular, offen und pluralistisch behaupten – und die eigenen blinden Flecken, die eigenen religiösen, kulturellen, sozialen Normierungen unangetastet lassen. Wie lässt sich der demokratische Diskurs, die demokratische Teilhabe wirklich pluralisieren, welche Geschichte/n müssen erzählt werden und wie lassen sich die Konflikte um Deutungen und Erfahrungen konstruktiv gestalten?
Der Streitraum ist eine monatliche Diskussionsveranstaltung an der Schaubühne und wird seit 2004 von der Publizistin und Autorin Carolin Emcke moderiert und kuratiert. Eingeladen werden Wissenschaftler_innen, Autor_innen, Politiker_innen, Künstler_innen und andere Personen des öffentlichen Lebens. Der Streitraum behandelt in jeder Spielzeit ein anderes Thema.