Identität und Repräsentation 3: Angriff auf die Demokratie – quo vadis Amerika?

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Carolin Emcke im Gespräch mit Masha Gessen

Kaum jemand hat die subversive Kraft anti-demokratischer und autoritärer Ideologien und Regime so präzise analysiert wie Masha Gessen. Was ist geblieben von der amerikanischen Demokratie zwei Jahre nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten? Gibt es strukturelle Ähnlichkeiten zwischen der Regierung Trump und der Regierung Putin? Ist Trump die Ursache für den Verfall der politischen Öffentlichkeit oder ist er eher Symptom eines ohnehin schon geschwächten demokratischen Systems, das zerspalten und korrupt ist? Welche Institutionen, welche Bewegungen repräsentieren noch einen demokratischen, rechtsstaatlichen Geist? Welche Gruppierungen, welche Praktiken erweisen sich als resilient gegen diese autoritären, anti-modernen, rassistischen Ideologien?

Masha Gessen (*1967, Moskau) ist Journalist_in und Autor_in von zehn Sachbüchern. Zuletzt erschien »Die Zukunft ist Geschichte – Wie Russland die Freiheit gewann und verlor«, das 2017 in den USA mit dem National Book Award for Nonfiction ausgezeichnet wurde und seit Kurzem auf Deutsch erhältlich ist (Suhrkamp Verlag, 2018). Ebenso ist Gessen Autor_in des Buches »Der Mann ohne Gesicht: Wladimir Putin – Eine Enthüllung« (Piper Verlag, 2012), das in Amerika zum Bestseller wurde. Gessen schreibt für The New Yorker und ist National Fellow der New America Foundation.

Streitraum 2018/19: »Identität und Repräsentation«

Wenn heute von Identitäten die Rede ist, ist nicht immer sicher, worauf man sich bezieht: auf kulturelle, religiöse, soziale Gemeinschaften? Auf Geschlecht, Herkunft, Nationalität? In welchen ambivalenten Identitäten lassen sich heute gesellschaftliche Formationen begreifen? Welche Zuschreibungen und Projektionen belasten, welche erleichtern die Zugehörigkeit zu einer sozialen oder religiösen Gruppe oder Lebensform? Welche Bilder, welche Begriffe dienen als Instrumente der Stigmatisierung? Warum bleibt die Kategorie der Klasse so tabuisiert als ob es das nicht gäbe: soziale Ausgrenzung oder soziale Distinktion, die sich vererbt von Generation zu Generation? Was braucht es, damit demokratische Gesellschaften wieder durchlässiger, hybrider, pluraler werden? Wie verhalten sich Identität und Repräsentation zueinander? Nicht nur parlamentarische und politische Repräsentationen sehen sich zunehmender Kritik ausgesetzt, auch die Formen medialer, künstlerischer Repräsentationen gehören hinterfragt. Welche Bilder, welche Erzählungen werden zitiert und wiederholt, welche werden verdrängt und vergessen, wie werden Stereotype erzeugt, in denen Vorstellungen von »echt« oder »unecht«, »wir« und dem »Anderen« sich verhärten? Wie frei, wie streitbar, wie bösartig dürfen Menschen oder Gruppen dargestellt und karikiert werden – und welche Kriterien gelten in der Kunst, in der Musik, im Film oder im Theater?